INHALT
1. Einführende Hinweise
2. Vorbereitung auf die Betriebsprüfung
3. Zweckmäßiges Verhalten während der Betriebsprüfung
4. Schlußbesprechung
5. Was nach der Schlußbesprechung zu beachten ist
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1. Einführende Hinweise
Die Finanzverwaltung hat in der letzten Zeit den Betriebsprüfungsdienst personell stark aufgestockt. Der „Prüfungsdruck” auf die Unternehmen steigt. Gerade in dieser Situation kann es nicht verwundern, wenn die Ankündigung einer steuerlichen Betriebsprüfung (offiziell auch „Außenprüfung” genannt) bei den Betroffenen Unsicherheit auslöst. Das gilt vor allem für Inhaber kleinerer Firmen, die nicht regelmäßig, sondern nur in größeren Zeitabständen geprüft werden. Manch sorgenvolle Frage wird gestellt:
· Was kommt auf mich zu?
· Welche Rechte und Pflichten habe ich bei einer solchen Prüfung?
· Wie soll ich mich zweckmäßigerweise verhalten?
Die hier zusammengestellten, in der Praxis bewährten Hinweise und Checklisten sollen diese Fragen beantworten.
Was wird geprüft?
Durch eine Betriebsprüfung wird von den Finanzbehörden die Richtigkeit der abgegebenen Steuererklärungen kontrolliert. Dabei geht es hauptsächlich um die den Steuererklärungen zugrundeliegenden Steuerbilanzen. I.d.R. beschränkt sich die Betriebsprüfung bei mittelständischen Unternehmen nicht auf die betriebliche Sphäre. Es ist üblich, daß auch die persönlichen steuerlichen Verhältnisse des Unternehmers bzw. der Gesellschafter mit in die Prüfung einbezogen werden.
Während eine Betriebsprüfung letztlich auf eine Kontrolle sämtlicher Unterlagen hinausläuft und grundsätzlich alle Steuerarten umfassen kann, gibt es auch noch spezielle steuerliche Außenprüfungen, vor allem:
· Lohnsteuer-Außenprüfung: Hier geht es um die richtige Versteuerung der Bezüge der Arbeitnehmer. Diese Prüfung wird relativ häufig durchgeführt.
· Umsatzsteuer-Sonderprüfung: Durch solche Prüfungen soll vor allem festgestellt werden, ob von Unternehmen gemeldete hohe Vorsteuererstattungsbeträge wirklich bestehen. Eine solche Prüfung kann speziell bei neu gegründeten Betrieben sehr schnell anstehen.
Rechte und Pflichten
Der Unternehmer bzw. Geschäftsführer ist bei einer Betriebsprüfung zur Mitwirkung verpflichtet. Er muß
· dem Prüfer Auskünfte erteilen,
· die Buchhaltungsunterlagen des Unternehmens sowie die Geschäftspapiere und Urkunden (soweit sie von steuerlicher Bedeutung sein können) vorlegen und, falls erforderlich, auch erläutern,
· dem Prüfer einen geeigneten Raum und die notwendigen technischen Hilfsmittel zur Verfügung stellen.
In der Mitwirkungspflicht des Unternehmers bzw. Geschäftsführers bei der Betriebsprüfung besteht ein wesentlicher Unterschied zur Steuerfahndung. Dort haben die Beteiligten als Betroffene ein Aussageverweigerungsrecht.
Andererseits muß der Finanzamtsprüfer aber auch die Rechte des geprüften Unternehmens wahren. Das bedeutet insbesondere:
· Bei Beanstandungen ist dem Unternehmen „rechtliches Gehör” zu gewähren. Die Vertreter des Unternehmens müssen die Möglichkeit haben, ihre Auffassung zu den angeschnittenen Sachverhalts- und Rechtsfragen detailliert vorzutragen (i.d.R. unter Hinzuziehung des steuerlichen Beraters).
· Das geprüfte Unternehmen hat Anspruch darauf, daß nicht nur zu seinen Ungunsten, sondern auch zu seinen Gunsten geprüft wird.
· Auf Antrag des Unternehmens muß das Finanzamt im Anschluß an eine Betriebsprüfung verbindlich zusagen, wie es bestimmte Sachverhalte künftig steuerlich behandeln wird.
Voraussetzung: Die Zusage ist für die geschäftlichen Dispositionen von Bedeutung.
Gesetzlich geregelt sind diese Rechte und Pflichten in den §§ 193 bis 207 der Abgabenordnung (AO). Ergänzende Vorschriften enthält die Betriebsprüfungsordnung (BpO), die jedoch als verwaltungsinterne Anweisung im allgemeinen nur die Finanzbehörde bindet.
Welche Zeiträume werden geprüft?
Normalerweise werden bei größeren Betrieben die letzten 3 bis 5 Geschäftsjahre geprüft, für die bereits Steuererklärungen abgegeben wurden. Bei größeren Betrieben soll jede Betriebsprüfung direkt an den vorhergehenden Prüfungszeitraum anschließen. Dagegen können sich bei kleineren Betrieben zwischen zwei Prüfungen durchaus längere ungeprüfte Zeiträume ergeben.
Achtung: Die Anordnung einer Betriebsprüfung kann auch durch bestimmte Sachverhalte beim Unternehmen ausgelöst werden, die beim Finanzamt den Verdacht wecken, hier sei etwas u.U. nicht ganz korrekt gelaufen. Beispiele:
· Außerordentliche hohe Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden.
· Hohe, nicht ausreichend begründete Teilwertabschreibungen auf Vermögensposten und Rückstellungszuführungen.
· Im Vergleich zu den amtlichen Richtsatzsammlungen erheblich niedrigere Roh- und Reingewinne (sofern dafür keine plausible Begründung gegeben werden kann).
· Für das Finanzamt undurchsichtige geschäftliche Transaktionen.
Der Ablauf der steuerlichen Betriebsprüfung im Überblick
Prüfungsanordnung: Das Finanzamt teilt dem zu prüfenden Unternehmen den Termin für den Prüfungsbeginn, die zu prüfenden Geschäftsjahre und Steuerarten sowie den Namen des Prüfers mit.
Prüfungsbeginn: Üblicherweise beginnt die Betriebsprüfung nach dem Einführungsgespräch mit einer Betriebsbesichtigung.
Prüfungsdurchführung: Nach der Betriebsbesichtigung nimmt der Prüfer die eigentliche Prüfungstätigkeit auf, verlangt die Vorlage von Konten, Belegen, Nachweisen, Zusammenstellungen und Verträgen und bittet um ergänzende Auskünfte.
Vorbesprechung(en): Der Prüfer teilt dem Unternehmen bzw. dem Berater mit, welche Sachverhalte er steuerlich anders behandeln möchte und was ihm noch unklar ist. Es kommt zur Erörterung dieser Punkte. Viele Fragen, insbesondere strittige Sachverhalte, können ggf. schon in diesem Stadium geklärt werden.
Schlußbesprechung: Hier werden die größeren, offen gebliebenen Streitfragen diskutiert. Dabei geht es nicht nur um strittige Sachverhalte, sondern vor allem auch um die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen und um die steuerlichen Auswirkungen. An der Schlußbesprechung nehmen meistens neben dem Prüfer auch dessen Vorgesetzter (ein Sachgebietsleiter) sowie eventuell weitere Beamte der Finanzverwaltung teil.
Prüfungsbericht: In diesem Bericht hält der Prüfer nach der Schlußbesprechung die Ergebnisse der Betriebsprüfung mit ihren Auswirkungen auf die Besteuerungsgrundlagen fest. Der Bericht wird dem geprüften Unternehmen zur Stellungnahme zugesandt.
Geänderte Steuerbescheide: Auf der Grundlage des Prüfungsberichts (mit eventuellen Änderungen aufgrund von Einwendungen des Unternehmens) ergehen dann die geänderten Bescheide für die von der Prüfung betroffenen Steuerarten. Hat sich das Unternehmen mit dem Prüfer über bestimmte Punkte nicht einigen können, muß jetzt gegen die geänderten Steuerbescheide binnen eines Monats Einspruch erfolgen.
Anpassung der Buchhaltung: Die Feststellungen der Betriebsprüfung sind in der Buchhaltung zu berücksichtigen. Das bedeutet vor allem die Anpassung der Saldenvorträge für das laufende Geschäftsjahr an die geänderten Schlußbilanzwerte des Prüfungszeitraums.
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2. Vorbereitung auf die Betriebsprüfung
Prüfungsanordnung
· Liegt eine korrekte Prüfungsanordnung des Finanzamts vor, mit Angaben zum Termin sowie zum zeitlichen und sachlichen Umfang der Prüfung? Und mit Benennung des Prüfers?
· Ist der in der Prüfungsanordnung genannte Termin für den Prüfungsbeginn passend? Oder sollte eine Verlegung beantragt werden, z.B. weil
· der Unternehmer/Geschäftsführer oder wichtige Mitarbeiter erkrankt sind oder wichtige andere Termine wahrnehmen müssen?
· zum selben Termin bereits die reguläre Jahresabschlußprüfung anberaumt ist?
· zu der vorgesehenen Prüfungszeit das Unternehmen gerade Hochsaison hat und deshalb niemand dem Prüfer für Auskünfte zur Verfügung stehen würde?
· Wurde die Prüfungsanordnung an den Steuerberater weitergeleitet?
Ort der Prüfung
· Kann im Betrieb ein geeigneter Raum für den Betriebsprüfer bereitgestellt werden?
Der Raum sollte nicht nur abschließbar und möglichst schalldicht sein, sondern dem Prüfer auch möglichst wenig Gelegenheit zu unkontrollierbaren Kontakten mit den Betriebsangehörigen geben.
· Soll die Betriebsprüfung, falls im Betrieb kein geeigneter Raum zur Verfügung steht, an einem der folgenden Orte stattfinden:
· Büro des Steuerberaters?
· Wohnräume des Unternehmers/Geschäftsführers?
· Ggf. im Finanzamt selbst?
Bereitstellung der Unterlagen für die Prüfung
· Sind für den Prüfungszeitraum folgende Abschluß- und Buchhaltungsunterlagen bereitgestellt:
· Jahresabschlüsse (Handels- und Steuerbilanz, einschließlich Ergänzungs- und Sonderbilanzen)?
· Hauptabschlußübersichten, Summen- und Saldenlisten, Umbuchungslisten für die Abschlußbuchungen?
· Sachkonten, Kontokorrentkonten und ggf. Journale?
· Kassenberichte bzw. Kassenbücher?
· Anlagenkartei, AfA-Listen?
· Inventurlisten für das Vorratsvermögen? Wareneingangs- und -ausgangsaufzeichnungen?
· Saldenlisten für Forderungen und Verbindlichkeiten?
· Berechnungsunterlagen für Abschreibungen, Abwertungen, Wertberichtigungen, Rechnungsabgrenzungsposten und Rückstellungen? Kalkulationsunterlagen für die Herstellungskosten?
· Aufgliederung zusammengefaßter Abschlußposten?
· Lohnkonten? Nachweise über gezahlte Aushilfslöhne?
· Umsatzsteuerverprobungen?
· Eingangs- und Ausgangsrechnungen sowie sonstige Buchungsbelege?
· Liegen sonstige, für die Prüfung wichtige Unterlagen vor, insbesondere Verträge oder Beschlüsse:
· Grundstückskaufverträge, Grundbuchauszüge, Handelsregisterauszüge?
· Anstellungsverträge für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer?
· Alle sonstigen Verträge mit Gesellschaftern oder nahestehenden Personen und Unternehmen (z.B. Kauf-, Miet-, Arbeits- und Darlehensverträge, Pensionszusagen)?
· Eheverträge, Gewinnverteilungsabreden, Nießbrauchsvereinbarungen?
· Gesellschaftsverträge und Gesellschafterbeschlüsse (Versammlungsprotokolle)?
Wichtig sind bei der GmbH vor allem Beschlüsse über die Genehmigung von Verträgen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern.
· Sind alle nachträglichen Vertragsänderungen ordnungsgemäß dokumentiert?
· Wurden erforderliche Nachweise für wichtige steuermindernde Sachverhalte bereitgestellt bzw. beschafft, z.B.:
· Sachverständigengutachten oder Branchenkennzahlen (z.B. für Teilwertabschreibungen beim Anlage-/Umlaufvermögen oder für Rückstellungen für Umweltschäden)?
· Statistiken über die Entwicklung von Absatzpreisen und -mengen (zur Begründung der Gängigkeitsabschläge bei Vorräten)?
· Betriebsinterne Statistiken und Unterlagen zum Nachweis der Garantierückstellung?
· Liegen „prüfungssichere” Belege für bestimmte Sachverhalte vor, bei denen es häufig zu Beanstandungen kommt:
· Ordnungsgemäße Belege für Bewirtungskosten?
· Auflistung der Empfänger von Geschenken?
· Korrekte Reisekostenabrechnungen?
· Zahlungsnachweise für Vergütungen an nahestehende Personen?
· Richtige Adressung von Rechnungen mit Vorsteuerausweis?
· Ausfuhrnachweise für die Umsatzsteuer?
· Spendenbelege?
· Liegen Unterlagen vor, welche die Aufteilung bestimmter Ausgaben in Betriebsausgaben und Privatanteil belegen:
· Kraftfahrzeugkosten (Fahrtenbuch)?
· Telefonkosten? Raum- und Energiekosten?
· Warenentnahmen?
Organisatorische Maßnahmen
· Sind für den Prüfer ggf. notwendige technische Hilfsmittel vorhanden (z.B. Lesegerät, Terminal für EDV-Anlage)?
· Ist geregelt, wer dem Prüfer als Auskunftsperson zur Verfügung stehen soll?
· Ist geregelt, wie die Versorgung des Prüfers mit den von ihm gewünschten Belegen und Fotokopien vorgenommen werden soll?
· Ist sichergestellt, daß keine „Selbstbedienung” des Prüfers bei der Beschaffung von Unterlagen erfolgen kann?
Erarbeitung der Strategie gegenüber der Betriebsprüfung
· Schwachstellenanalyse und Konsequenzen daraus:
· Wo ist mit Beanstandungen durch den Prüfer zu rechnen?
· Mit welchen Argumenten kann zu erwartenden Beanstandungen begegnet werden?
· Besteht Klarheit darüber, in welchem Umfang der Steuerberater eingeschaltet werden soll?
· Sofern Sachverhalte erkennbar sind, die steuerstrafrechtliche Konsequenzen haben könnten: Wird erwogen, vor Erscheinen des Prüfers eine strafbefreiende Selbstanzeige beim Finanzamt zu erstatten (§ 371 Abgabenordnung)?
· Abgabe von ausstehenden Steuererklärungen: Sollen kurzfristig fertigzustellende Steuererklärungen für das letzte beendete Geschäftsjahr vor Beginn der Prüfung noch abgegeben werden, verbunden mit dem Antrag, dieses Geschäftsjahr auch noch in die Prüfung mit einzubeziehen? Ein solcher Antrag kann z.B. zweckmäßig sein, wenn in dem betreffenden Geschäftsjahr bestimmte wichtige Veränderungen im Unternehmen eingetreten sind, bei denen man für die Zukunft Betriebsprüfungsrisiken ausschalten will, z.B. bei Gesellschafterwechsel oder Umwandlungen. Ggf. kann auch beabsichtigt sein, den Prüfungszeitraum mehr in die Gegenwart zu verschieben.
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3. Zweckmäßiges Verhalten während der Betriebsprüfung
Allgemeine Regeln für den Umgang mit dem Prüfer
· Wichtig ist ein unverkrampftes Prüfungs- und Gesprächsklima. Das bedeutet u.a.:
· Kooperationsbereitschaft in Sachfragen.
· Vermeidung von emotionalen Reaktionen auf Wünsche und Feststellungen des Prüfers.
· Vermeidung von Versuchen, den Prüfer durch besondere Aufmerksamkeiten günstig stimmen zu wollen.
· Beim Prüfer sollte Verständnis für die besondere Situation des Unternehmens geweckt werden, in der zusätzliche Steuerbelastungen zu erheblichen - vielleicht sogar existenzgefährdenden - Problemen führen könnten.
· Eingehende, realistische Schilderung der Lage des Unternehmens auf den Absatzmärkten (zunehmender Konkurrenzdruck, Preisverfall).
· Darlegung der Schwierigkeiten auf der Kostenseite.
· Mit dem Prüfer sind bestimmte „organisatorische” Regeln zu vereinbaren, durch die der Informationsfluß an ihn kontrolliert werden kann:
· Benenn ung einer Auskunftsperson im Unternehmen, an die allein sich der Prüfer mit allen Informationswünschen zu halten hat.
· Übergabe genau bezeichneter Einzelunterlagen und -belege an den Prüfer anstelle einer „En bloc-Übergabe” aller Buchhaltungsunterlagen oder aller Unterlagen für einen bestimmten Bereich auf einmal.
· Bereitstellung angeforderter Unterlagen durch die Auskunftsperson anstelle einer direkten Entnahme der Unterlagen durch den Prüfer aus dem Archiv.
· Die vom Prüfer angeforderten Unterlagen sind vor der Übergabe durchzusehen. Belege, die zu Mißverständnissen Anlaß geben könnten, sollten sofort bei Übergabe erläutert, private Unterlagen sollten entfernt werden.
· Es sollte bedacht werden, daß gerade einem besonders „scharfen” Prüfer durch ein betont korrektes, selbstbewußtes, aber nicht feindseliges Verhalten am besten zu begegnen ist.
· Mit dem Prüfer ist abzusprechen, daß er die Vertreter des Unternehmens möglichst frühzeitig über seine Beanstandungen unterrichtet und nicht erst unmittelbar vor der Schlußbesprechung.
· Spontanreaktionen auf Beanstandungen des Prüfers sind möglichst zu vermeiden. Wichtig ist eine Bedenkzeit, die auch für die Rücksprache mit dem Berater genutzt werden kann.
Argumentation bei einzelnen Prüfungsschwerpunkten
· Wenn der Prüfer Fehler in der formellen Buch- und Kassenführung sowie der Warenbestandsaufnahme feststellt:
· Läßt sich plausibel darlegen, daß es sich nur um einzelne Fehler, nicht aber um systematische Mängel handelt und daß die Fehler weder mit der Absicht erfolgten, noch geeignet waren, Einnahmen zu verschleiern oder Gewinne zu verschieben?
· Läßt sich nachweisen, daß durch diese Fehler die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung insgesamt nicht beeinträchtigt wurde, somit kein Anlaß für eine Schätzung von Einnahmen oder Gewinnen besteht?
Solche Schätzungen sind i.d.R. nachteilig, weil der Prüfer dabei „Sicherheitszuschläge” vornimmt.
· Wenn der Prüfer die vollständige Erfassung der Betriebseinnahmen bezweifelt, indem er auf höhere Richtsätze bei vergleichbaren Betrieben für Roh- und Reingewinne verweist: Demgegenüber sind die Besonderheiten des Unternehmens darzulegen, die einen direkten Vergleich mit einem „Durchschnittsunternehmen” - wie es den Richtsätzen zugrunde liegt - unmöglich machen.
· Wenn der Prüfer die Angemessenheit der Tätigkeitsvergütungen für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder für Familienangehörige in Zweifel zieht:
· Kann durch Veröffentlichungen aus der Fachpresse bzw. aus Verbandsnachrichten, durch Betriebsvergleiche oder durch individuelle Gehaltsgutachten die Üblichkeit der Bezüge nachgewiesen werden?
· Läßt sich zur Rechtfertigung auf die besondere Arbeitsbelastung und auf das im Vergleich zu einem „normalen” Arbeitnehmer überdurchschnittlich hohe Engagement der betreffenden Personen verweisen?
· Auf spezielle arbeitsvertragliche Vereinbarungen ist hinzuweisen (keine Überstundenvergütungen trotz hoher Arbeitsbelastung).
· Wenn der Prüfer die steuerlichen Betriebsausgaben verringern will, indem er bei bestimmten Ausgaben die Privatanteile erhöht (z.B. bei den Kfz-Kosten):
· Können Aufzeichnungen vorgelegt werden, die niedrigere Privatanteile beweisen (z.B. Fahrtenbücher)?
· Falls nein: Können betriebsindividuelle Umstände angeführt werden, die niedrigere Privatanteile zumindest plausibel erscheinen lassen?
· Wenn der Prüfer die Bewertung von Bilanzposten beanstandet, d.h. Vermögensposten höher und Rückstellungen niedriger bewerten will:
· Können die beanstandeten Wertansätze durch betriebsexterne Dokumente (am besten) oder durch betriebsinterne Aufzeichnungen belegt werden?
· Können umgekehrt die Nachweise des Prüfers für die von ihm gewünschten Wertansätze entkräftet werden?
· Wenn der Prüfer bestimmten Sachverhaltsgestaltungen (z.B. der Aufnahme der Kinder als Gesellschafter in das elterliche Unternehmen) die steuerliche Anerkennung versagen will, ist auf folgendes hinzuweisen:
· Die betreffende Gestaltung beruht auf einem zivilrechtlich gültigen Vertrag. Erforderliche Vollmachten, Genehmigungen u. dgl. sind ggf. vorzulegen.
· Die Konditionen der Gestaltung sind angemessen, d.h., es hätte auch mit einem fremden Dritten so verfahren werden können.
· Die getroffenen Maßnahmen stehen nicht nur auf dem Papier, sondern werden auch tatsächlich durchgeführt.
· Es liegen keine rückdatierten Maßnahmen vor, sondern Gestaltungen, die zum Stichtag des Vertragsabschlusses bereits faktisch realisiert wurden (Nachweis).
· Für einen Rechtsmißbrauch (§ 42 Abgabenordnung) liegen keine Anhaltspunkte vor. Für die Gestaltung gibt es gewichtige nichtsteuerliche, d.h. wirtschaftliche oder rechtliche Gründe.
Kontrollmitteilungen
· Der Prüfer hat Kontrollmitteilungen über das geprüfte Unternehmen aus anderen Betrieben, d.h. Mitteilungen über Zahlungen (z.B. für Provisionen), die dort als Betriebsausgaben verbucht sind. Beim geprüften Unternehmen oder bei dessen Gesellschaftern liegt keine korrespondierende Erfassung als Betriebseinnahmen vor. Hier ist es wichtig, steuerstrafrechtliche Konsequenzen möglichst zu vermeiden oder abzumildern.
· Kann zumindest mit einiger Plausibilität geltend gemacht werden, man habe die Einnahme für steuerfrei gehalten? Z.B. bei dem Entgelt für eine einmalige Vermittlungstätigkeit.
Achtung: Es kommt hier ganz besonders darauf an, den Verdacht einer vorsätzlichen Steuerverkürzung zu entkräften.
· Kann glaubhaft dargelegt werden, die Nichterfassung der Betriebseinnahmen sei ein einmaliges Versehen gewesen, von dem der Unternehmer/Geschäftsführer nichts gewußt habe?
· Der Prüfer wird höchstwahrscheinlich auch bei dem geprüften Unternehmen über bestimmte Zahlungsausgänge neue Kontrollmitteilungen ausschreiben. Diese führen dann wiederum bei den betreffenden Geschäftspartnern (Zahlungsempfängern) zur Überprüfung der Verbuchung als Einnahme.
· Läßt sich abschätzen, welche der Geschäftspartner die ihnen zufliessenden Einnahmen vermutlich nicht versteuern? Soll in solchen Fällen - weil es sich um für das Unternehmen besonders wichtige Personen handelt - der Name des Empfängers dem Prüfer gegenüber ungenannt bleiben (mit der Folge der Nichtabzugsfähigkeit der betreffenden Ausgaben)?
· Erscheint es opportun, sich mit dem Geschäftspartner (Zahlungsempfänger) in Verbindung zu setzen und sich nach seiner steuerlichen Handhabung zu erkundigen?
Auf diese Weise kann u.U. vermieden werden, daß das geprüfte Unternehmen - falls der Empfänger korrekt versteuert hat - durch Verweigerung der Empfängerangabe unnötigerweise auf den Betriebsausgabenabzug verzichtet.
· Es sollte versucht werden herauszufinden, über welche Vorgänge der Prüfer Kontrollmitteilungen schreibt, um die betreffenden Geschäftspartner zu informieren und ihnen Gelegenheit für eine dann noch mögliche strafbefreiende Selbstanzeige zu geben.
Verdacht oder Aufdeckung von Steuerstraftaten
· Lassen Äußerungen des Betriebsprüfers den Schluß zu, daß er den Verdacht einer Steuerstraftat oder Ordnungswidrigkeit hegt?
· Falls ja: Hat das geprüfte Unternehmen bzw. sein gesetzlicher Vertreter hier die in den §§ 9 und 10 BpO vorgeschriebene Mitteilung über die Einleitung eines Strafverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens erhalten? Wurde dabei belehrt, daß jetzt eine Mitwirkung im Besteuerungsverfahren nicht mehr erzwungen werden kann?
· Ist es opportun, sich nach Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens auf die nicht mehr bestehende Mitwirkungspflicht zu berufen?
· Oder kann es gerade jetzt sinnvoll sein, noch während der Betriebsprüfung bezüglich der beanstandeten Punkte alle verfügbaren Akten offenzulegen, um den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit so schnell wie möglich zu entkräften?
· Oder: Um zumindest für eine für das Unternehmen günstige Darstellung des Sachverhalts im Prüfungsbericht zu sorgen?
· Äußert der Prüfer einen Verdacht im Hinblick auf vorsätzliche oder leichtfertige Steuerverkürzung, so sollte wie folgt verfahren werden:
· Spontane Reaktionen sind zu vermeiden. Statt desssen Rücksprache mit dem Berater.
· Der Prüfer ist detailliert auf die Verdachtsmomente anzusprechen. Besprechungsnotizen sind anzufertigen.
· Prüfung, ob der Verdacht begründet ist. Beschaffung von Entlastungsmaterial.
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4. Schlußbesprechung
Allgemeines
· Soll auf eine Schlußbesprechung verzichtet werden, weil
· sich durch die Prüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergeben hat?
· über alle Feststellungen des Prüfers in vorangegangenen Besprechungen Einigkeit erzielt worden ist?
· Soll trotzdem auf einer Schlußbesprechung bestanden werden, weil
· mit dem Finanzamt aktuelle Probleme besprochen werden sollen, die mit der Prüfung gar nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu stehen brauchen?
· besonderer Wert auf eine Absicherung bestimmter steuerlicher Sachverhalte für die Zukunft gelegt wird und weil darüber gemäß § 204 Abgabenordnung eine verbindliche Zusage eingeholt werden soll?
Vorbereitung der Schlußbesprechung
Die Schlußbesprechung muß gründlich vorbereitet werden, weil sie in vielen Punkten der entscheidende Teil der steuerlichen Betriebsprüfung ist und weil eine mangelhafte Vorbereitung u.U. zu Steuermehrbelastungen führt, die eigentlich vermeidbar gewesen wären. Im übrigen ist zu bedenken, daß sich das Finanzamt für eine Schlußbesprechung grundsätzlich intensiv wappnet.
· Bei der organisatorischen Vorbereitung der Schlußbesprechung kommt es auf folgendes an:
· Mit dem Prüfer ist zu vereinbaren, daß dieser einen schriftlichen Katalog der Besprechungspunkte vorlegt.
· Der Termin für die Schlußbesprechung ist so zu legen, daß nach Erhalt der Besprechungspunkte des Prüfers noch genügend Vorbereitungszeit bleibt.
· Zu klären ist, welche Personen auf seiten des Finanzamts an der Besprechung teilnehmen werden. Ist damit zu rechnen, daß von einem übereifrigen Prüfer getroffene Feststellungen ggf. von einem lebenserfahreneren Sachgebietsleiter großzügiger beurteilt werden?
· Steht für die Schlußbesprechung ein geeigneter Raum im Unternehmen zur Verfügung (was am besten wäre)? Oder soll die Besprechung im Büro des Steuerberaters stattfinden?
· Ist der Termin der Schlußbesprechung auch mit dem Steuerberater abgestimmt? Ist genügend Zeit, damit sich der Steuerberater vorbereiten kann?
· Ist festgelegt, wer auf seiten des Unternehmens Protokoll über die Verhandlungsergebnisse führt, damit diese später mit den Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht verglichen werden können?
· Zur inhaltlichen Vorbereitung der Schlußbesprechung sind folgende Punkte wichtig:
· Sind die Sachverhalte, die der Prüfer seinem schriftlichen Katalog der Besprechungspunkte zugrunde legt, zutreffend?
· Muß eventuell noch etwas zur Sachverhaltsaufklärung getan werden (z.B. Beschaffung noch nicht vorgelegter Verträge oder sonstiger Dokumente)?
· Ist im einzelnen bekannt, wie der Prüfer seine Beanstandungen begründet? Hat man sich mit diesen Begründungen detailliert auseinandergesetzt?
· Wurden strittige Rechtsfragen mit dem Berater erörtert? Gibt es neue Erkenntnisse, Gerichtsurteile oder Verwaltungsanweisungen, die den Standpunkt des Unternehmens stützen?
· Die Verhandlungstaktik gegenüber der Betriebsprüfung ist festzulegen:
· Dazu müssen zunächst die finanziellen Auswirkungen der einzelnen Feststellungen des Prüfers berechnet werden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen echten Steuermehrbelastungen (z.B. aufgrund höher angesetzter Privatanteile bei den Kosten) und bloßen Steuerverschiebungen (z.B. bei Ansatz längerer Abschreibungszeiten).
· Wurden die eigenen Erfolgsaussichten bei den verschiedenen Besprechungspunkten abgeschätzt?
· Wo wird man voraussichtlich hart bleiben können und eventuell sogar, falls es zu keiner Einigung kommt, Einspruch gegen die geänderten Steuerbescheide einlegen müssen? Umgekehrt: In welchen Punkten ist ein Nachgeben bzw. ein Kompromiß möglich oder anzustreben? Was würde dies „kosten”?
· Sollen zur Kompensation betriebsprüfungsbedingter Gewinnerhöhungen Anträge auf Bilanzänderung gestellt werden (z.B. zur Ausnutzung bisher noch nicht in Anspruch genommener Sonderabschreibungen)?
Sollen zur Kompensation betriebsprüfungsbedingter Gewinnerhöhungen Anträge auf Bilanzänderung gestellt werden (z.B. zur Ausnutzung bisher noch nicht in Anspruch genommener Sonderabschreibungen)?
· Auf ein angenehmes Gesprächsklima ist zu achten:
· Dazu gehört auch ein freundlicher „Small talk” zur Einleitung und in den Besprechungspausen.
· Den Ausführungen der Vertreter des Finanzamts ist geduldig zuzuhören. Unterbrechen ist möglichst zu vermeiden. Zur Gedächtnisstütze für die Gegenargumentation sind u.U. schriftliche Notizen zweckmäßig.
· Auf sachliche Argumentation ist großer Wert zu legen. Das schließt nicht aus, die eigenen Sorgen deutlich herauszustellen.
· Die einzelnen Besprechungspunkte beginnen i.d.R. mit einer kurzen Sachverhaltsdarstellung des Prüfers, der dann seine steuerrechtlichen Schlußfolgerungen anfügt. Zu fragen ist dabei:
· Hat der Prüfer den Sachverhalt richtig dargestellt? Oder müssen Korrekturen vorgenommen werden, weil der Prüfer die Dinge nur aus fiskalischer Sicht betrachtet?
· Können vom Prüfer vorgenommene Schätzungen unter Ausnutzung von Beurteilungsspielräumen in Zweifel gezogen werden?
· Sind die vom Prüfer an den festgestellten Sachverhalt geknüpften Rechtsfolgen wirklich zwingend? Oder können auch andere, für das Unternehmen günstigere Konsequenzen gezogen werden?
· In bezug auf schwierige Besprechungspunkte sind ggf. folgende verhandlungstaktische Hinweise vorteilhaft:
· Schwierige Punkte sollten möglichst nicht gleich zu Beginn der Schlußbesprechung behandelt werden, damit es nicht von vornherein zu einer Verhärtung der Fronten kommt.
· Bei unterschiedlichen Auffassungen über Sachverhalte lassen sich meistens leichter Kompromisse finden als bei strittigen Rechtsfragen, die oft nur auf ein „Entweder-Oder” hinauslaufen.
· Schwierige Besprechungspunkte, an denen sich die Diskussion festgebissen hat, sollten sinnvollerweise zunächst zurückgestellt und erst gegen Ende der Besprechung wieder verhandelt werden. Ggf. lassen sich dann aus mehreren Punkten dieser Art Pakete bilden, über die im Wege wechselseitigen Nachgebens Einigung erzielt werden kann.
· Können oder müssen Feststellungen des Prüfers akzeptiert werden, so ist auf folgendes zu achten:
· Das Nachgeben sollte sich vorrangig auf Punkte beschränken, bei denen es lediglich um Gewinnverlagerungen um eine kurze Zeit geht, z.B. bei der Bewertung der Vorräte.
· Hartnäckiger ist über Punkte zu streiten, die langfristige Gewinnvorverlagerungen oder definitive steuerliche Mehrbelastungen zur Folge haben, z.B. die Nichtanerkennung von Ehegatten-Arbeitsverträgen.
· Besonderer Widerstand ist auch bei Feststellungen des Prüfers angebracht, die die zukünftige Vorgehensweise des Unternehmens einengen würden, z.B. bei der Nichtanerkennung bestimmter Bewertungsmethoden (etwa des Lifo-Verfahrens).
· Es ist die verhandlungstaktische Grundregel zu beachten, Feststellungen des Prüfers prinzipiell auch dann nicht sofort zu akzeptieren, wenn man sie für zutreffend hält.
Man sollte sich die eigene Zustimmung möglichst „abhandeln” lassen. Eventuell springt dabei noch ein Kompromiß heraus! Ausgenommen davon sind nur völlig eindeutige Feststellungen.
Strafrechtlicher Hinweis gemäß § 201 Abs. 2 Abgabenordnung
· Wird in der Schlußbesprechung von seiten des Finanzamts darauf hingewiesen, daß aufgrund der Prüfungsfeststellungen möglicherweise ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt wird?
· Falls ja: Der strafrechtliche Hinweis ist mit dem Prüfer zu erörtern, um zumindest dessen spätere Stellungnahme zum subjektiven Tatbestand (Vorsatz oder Leichtfertigkeit) zu beeinflussen.
· Kommt eine strafbefreiende Selbstanzeige in Betracht? (Dies ist aber nur bei leichtfertiger Steuerverkürzung möglich.)
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5. Was nach der Schlußbesprechung zu beachten ist
Betriebsprüfungsbericht
· Ist ein Antrag auf Zuleitung des Prüfungsberichts zur Stellungnahme gestellt?
· Falls die Fertigstellung des Berichts voraussichtlich lange dauern wird: Wird die vorzeitige Übersendung der Prüfer-Schlußbilanz vereinbart, damit die Bilanzvorträge für das Anschlußjahr nach dem Prüfungszeitraum schnell angepaßt werden können?
· Der Betriebsprüfungsbericht ist durch das Unternehmen bzw. durch den Steuerberater eingehend zu prüfen:
· Ist der Bericht in rechnerischer und sachlicher Hinsicht richtig?
· Sind die Ergebnisse der Schlußbesprechung und eventueller Vorbesprechungen in zutreffender Weise im Bericht berücksichtigt? (Vergleich mit den eigenen Notizen.)
· Sind die im Bericht enthaltenen Beanstandungen des Prüfers so dargestellt, daß nicht der Eindruck einer Steuerverkürzung entsteht?
Achtung: Der Betriebsprüfungsbericht hat nur informativen Charakter und stellt keinen Steuerbescheid dar. Deshalb ersetzt die Stellungnahme des Unternehmens, sofern ihr nicht Rechnung getragen wird, auf keinen Fall den Einspruch gegen die späteren, auf dem Bericht aufbauenden Steuerbescheide.
Geänderte Steuerbescheide
· Die sich an den Betriebsprüfungsbericht anschließenden geänderten Steuerbescheide sind daraufhin zu überprüfen, ob sie
· den Zahlenangaben im Prüfungsbericht entsprechen.
· korrekt auf den Daten der vorangegangenen Steuerbescheide aufbauen.
· Soll gegen die geänderten Steuerbescheide Einspruch eingelegt werden, weil
· über die betreffenden Punkte in der Schlußbesprechung keine Einigung erzielt wurde? (Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs prüfen.)
· sich in der Zwischenzeit die Rechtsprechung zu einem der diskutierten Punkte zugunsten des Unternehmens geändert hat?
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